Rolf lebte in
einem schönen weißen Haus, zusammen mit weiteren drei Familien. Ein Grundstück
umgab das schöne weiße Haus. Da gab es grünen Rasen, bunte Blumen am Rand und
auch drei kleine Apfelbäume, die im Frühjahr ganz bezaubernd blühten. Rolf
kümmerte sich um den Garten. Er mähte Rasen, zupfte Unkraut im Beet, steckte
Blumenzwiebeln. Erst im vorigen Jahr hatte er die rustikale Holzbank
aufgestellt, damit seine Nachbarn und er die duftende Oase genießen können. Die
anderen Bewohner freuten sich sehr darüber. Sie mochten Rolf, den netten,
hilfsbereiten und freundlichen Mitbewohner. Meistens waren die alleinstehenden
jungen Männer problematisch. Frau Müller wusste darüber Bescheid, schließlich
schaute sie Fernsehen. Die im TV berichteten oft genug darüber. Rolf war da zum
Glück anders. Keine wilden Partys, keine wechselnden Damenbesuche, auch keine
Herrenabende.
Der guckte
auch gar nicht mehr so niedlich, sondern stolz und erhaben. Und überhaupt, gehörten
Dobermänner nicht auch zu den total gefährlichen Hunden? Na klar! Frau Müller
hatte letztens erst einen Beitrag im Fernsehen gesehen: ›Hund greift Kind an‹.
Nein, das ging auf gar keinen Fall! Der Hund musste weg. Rolf verstand die
Front gegen seinen Hund nicht. Sein Dobermann folgte aufs Handzeichen. Er
benahm sich freundlich und einfach gut erzogen. Doch die Nachbarn ließen Rolf
keine Ruhe. Aufgewiegelt durch Frau Müller mobbten sie den jungen Mann mit
seinem Hund aus ihrem schönen weißen Haus.
Rolf fand eine Wohnung am Ortsrand. Es schien eine gute Fügung des Schicksals. Hier schloss sich eine riesige Wiese an, die bis zum Wald reichte. Hier gab es viel Platz zum Springen und Rumtollen für seinen hübschen Hund. Rolfs Wut auf seine ehemaligen Nachbarn verebbte mit der Zeit.
Irgendwann
ergab es sich und er lief mit seinem Dobermann an dem schönen weißen Haus, in
dem er einst wohnte, vorbei. Es dämmerte bereits. Der betörende Blütenduft
›seiner‹ Apfelbäume kroch ihm in die Nase. Rolf dachte gerade, dass der Rasen
dringend gemäht werden sollte, als sein Hund plötzlich lautstark bellte. Er
beruhigte sich nicht, bellte hintereinander weg. Rolf wusste: Irgendetwas
stimmte nicht. Und da sah er es. In Frau Müllers Wohnung huschte das Licht
einer Taschenlampe durch die Zimmer. Rolf klingelte bei Frau Müller. Niemand
meldete sich. Der Dobermann stellte die Ohren. Aufmerksam starrte er zu der
Wohnung. Dann erfasste ihn eine neue Unruhe. Hinter dem Haus klirrte Glas. Hundebellen.
Eine Gestalt rannte davon. Da ließ Rolf seinen Dobermann los. Ein Satz über den
Gartenzaun. In Windeseile stellte der Hund den Einbrecher.
»Wir hätten den jungen Mann und seinen Hund nicht verjagen sollen«, empfing die Bewohnerin aus dem Obergeschoss Frau Müller, als die eine Woche später von einer Fluss-Kreuzfahrt zurückkehrte.
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Verwendung von Texten und Fotos nur mit meiner ausdrücklichen Zustimmung
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